Leerverkäufe: Mit fallenden Aktienkursen gewinnen

Der Leerverkauf gehört zu den fortgeschrittenen Handelstechniken. Auch wenn er weniger komplex ist, als es zuerst vielleicht scheinen mag, dürften viele Anleger:innen wohl einen Bogen um diese Technik machen. Doch wie funktioniert ein Leerverkauf, welche Beschränkungen gibt es und bei welchen Brokern kann man Leerverkäufe tätigen? Die Basics dazu gibt es im Ratgeber.

Was sind Leerverkäufe?

Leerverkäufe sind Verkäufe von Basiswerten – also z. B. Wertpapieren, Rohstoffen oder Devisen –, die zum Zeitpunkt des Verkaufs nicht zum eigenen Eigentum gehören. Meist hat dieser den Basiswert lediglich geliehen (gedeckter Leerverkauf). Verkauft wird also der geliehene Basiswert. Später muss der Verkäufer den Basiswert wiederum kaufen, um ihn an die Leihstelle zurückzugeben.

Für dich als Leerverkäufer:in lohnt sich ein solches Geschäft, wenn du für Leihgebühr und Rückkauf des Basiswerts einen niedrigeren Preis zahlst, als du mit dem Leerverkauf erzielen konntest. Du spekulierst also auf fallende Kurse. Je stärker die Kurse nach dem Leerverkauf fallen, desto höher deine Rendite.

Gedeckte und ungedeckte Leerverkäufe

Üblicherweise handelst du an der Börse mit Aktien und anderen Wertpapieren, die dein Eigentum sind und in deinem Depot lagern. Beim Leerverkauf hingegen verkaufst du fremdes Eigentum. Dabei gibt es zwei Varianten: gedeckte und ungedeckte Leerverkäufe.

  • Gedeckte Leerverkäufe: Bei gedeckten Leerverkäufen besitzt du die Wertpapiere zwar nicht, hast sie aber von deinem eigenen Broker oder auch einem Pensionsfonds o. Ä., geliehen. Der Verkauf ist also durch vorhandene Aktien abgedeckt.
  • Ungedeckte Leerverkäufe: Beim ungedeckten Leerverkauf (naked short selling) besitzt du die entsprechenden Wertpapiere noch nicht einmal in geliehener Form. Du verkaufst etwas, das zum Verkaufszeitpunkt nicht existiert. Allerdings müssen sie sich spätestens zum Zeitpunkt der Vollendung des Börsengeschäfts – in der Regel also nach zwei Börsentagen – in deinem Besitz befinden, damit du sie an die Käufer:innen weitergeben kannst. Dafür musst du die Aktien fristgerecht kaufen. Für Gewinn oder Verlust ist entscheidend, ob ihr Kurs nach dem Leerverkauf gestiegen oder gefallen ist.

So funktioniert der gedeckte Leerverkauf

Grafik: So funktionieren Leerverkäufe

Ungedeckte Leerverkäufe in Deutschland verboten

In Deutschland kannst du nur gedeckte Leerverkäufe tätigen, ungedeckte Leerverkäufe sind verboten. Das ist der Fall, da bei ungedeckten Leerverkäufen das Risiko besteht, dass du aufgrund schlechter Marktliquidität eine Aktie nicht fristgerecht kaufen kannst, um sie pünktlich zu liefern. Unter anderem in der Finanzkrise ab 2008 haben ungedeckte Leerverkäufe die Probleme an den Kapitalmärkten verschärft.

Gedeckte Leerverkäufe
(short selling)
Ungedeckte Leerverkäufe
(naked short selling)
Verkäufer leiht Wertpapiere von Anbieter
→ Verkauf durch vorhandene Wertpapiere
abgedeckt
Verkäufer hält die Wertpapiere gar nicht
→ Verkauf nicht durch vorhandene
Wertpapiere abgedeckt
fristgerechter Rückkauf zur frist-
gerechten Rückgabe an den Verleiher
nötig
Halten der Wertpapiere spätestens nach
Vollendung des Börsengeschäfts
(i.d.R. zwei Börsentage) nötig, sonst:
Zwangsregulierung
risikoreich
sehr risikoreich
in Deutschland erlaubt in Deutschland verboten

So geht’s: Aktien leihen und verkaufen

Um Aktien verkaufen zu können, die du selbst nicht im Besitz hast, musst du sie im Vorfeld leihen. Dafür stehen dir zum Beispiel dein eigener Broker, andere Banken oder Pensionsfonds zu Verfügung. Für die Aktien-Leihe musst du eine Zinsgebühr entrichten. Außerdem wird ein Termin vereinbart, zu dem du die Aktien spätestens zurückgegeben musst. Die geliehenen Aktien bietest du dann an der Börse zum Verkauf an. Nach dem Leerverkauf solltest du zu einem günstigen Zeitpunkt die Aktien zurückkaufen. Warte jedoch nicht zu lang, damit du die Frist für die Rückgabe der geliehenen Aktien einhalten kannst.

Gewinn und Verlust sind kursabhängig

Bei einem Leerverkauf setzt du immer auf fallende Kurse. Du verkaufst die Aktien zu einem bestimmten Preis und hoffst, dass die Kurse bis zum Rückkaufzeitpunkt gefallen sind. So kannst du sie günstiger zurückkaufen, als du sie verkauft hast. Die Rechnung dabei ist ganz einfach:

  • Gewinn = Verkaufswert > Rückkaufpreis + Zinskosten Wertpapierleihe + Order- und Börsengebühren
  • Verlust = Verkaufswert < Rückkaufpreis + Zinskosten Wertpapierleihe + Order- und Börsengebühren

Steigen die Kurse in der Zeit des Wartens, hast du also das Nachsehen, denn zum Fristende musst du die Wertpapiere zurückgeben, auch wenn der Rückkaufkurs gestiegen sein sollte.

Risiko bei Leerverkäufen von Aktien und anderen Wertpapieren

Leerverkäufe sind prinzipiell riskante Geschäfte. Es gibt zwar keinen Hebel (außer du kombinierst den Leerverkauf mit einem Hebelprodukt), der mögliche Verluste vergrößern könnte. Jedoch solltest du dir bewusst machen, dass bei Leerverkäufen ein umgekehrtes Verhältnis zwischen Gewinnchancen und Verlustrisiken besteht. Bei einem normalen Aktienkauf, gehst du immer das Risiko ein, deine gesamte Investitionssumme zu verlieren. Dem gegenüber steht jedoch die potentiell unendliche Gewinnchance. Beim Leerverkauf ist die Situation anders: Deine Gewinnchance ist begrenzt – nämlich durch den totalen Wertverlust der Aktie.

Datenbank für aktuelle Short-Positionen

Der Bundesanzeiger veröffentlicht aktuell offene Short-Positionen. In seiner Datenbank für Netto-Leerverkaufspositionen informiert der Bundesanzeiger darüber, welche Investoren welche Aktien shorten. Die Datenbank gibt auch darüber Auskunft, wieviel der verfügbaren Aktien gerade leerverkauft sind und seit wann die Position gehalten wird.

Ein Beispiel für die Risiken bei Leerverkäufen

Angenommen, du hast eine Aktie für 50 Euro leerverkauft und danach stürzt sie auf 0 Euro. Dann hast du – vereinfacht gerechnet – einen Gewinn von 50 Euro erzielt. Schön, aber mehr als eine Verdopplung deines Gewinns ist nicht möglich. Was aber, wenn es ganz anders kommen sollte und der Kurs auf 500 Euro steigt? Dann hast du ganze 450 Euro Verlust gemacht. Auch wenn das ein extremes Beispiel für einen Leerverkauf ist, zeigt es doch, dass du potentiell mehr verlieren als gewinnen kannst.

Online-Broker für Leerverkäufe

Anders als ungedeckte Leerverkäufe sind gedeckte Leerverkäufe in Deutschland gestattet und werden von manchen Brokern angeboten. Jedoch gibt es einige Wertpapiere, die nicht für das short selling freigegeben sind. Gute Broker zeigen in ihrer Trading-Software an, welche Wertpapiere leerverkauft werden können und welche nicht. Wir haben dir eine kleine Auswahl von Brokern zusammengestellt, die Leerverkäufe ermöglichen.

Depot

0 €

Depotführungsgebühr

ab 0 €

Ordergebühr

0 €

Profi-Tools

Depot

0 €

Depotführungsgebühr

ab 5,80 €

Ordergebühr

130

Handelsplätze

Cash-Depot

0 €

Depotführungsgebühr

ab 4,90 €

Ordergebühr

1,2 Mio.

Wertpapiere

Termingeschäftsfähigkeit nachweisen

Möchtest du in Deutschland Leerverkäufe tätigen, benötigst du eine Bescheinigung über deine Termingeschäftsfähigkeit. Um diese zu erhalten, musst du Angaben zu deinen bisherigen Erfahrungen mit Wertpapieren machen. Die Bescheinigung kannst du oft online über ein Formular beantragen (Consorsbank: Zulassung zum Handel in Finanztermingeschäften). Erfüllst du alle Voraussetzungen, kannst du nach erfolgter Freischaltung mit dem Leerverkauf von Aktien beginnen.

Saskia ist promovierte Germanistin und arbeitet seit 2017 im Finanzbereich. Ihre inhaltlichen Schwerpunkte liegen vor allem im Bereich Wertpapierdepot, Bausparen, sowie bei Unfall- und Sterbegeldversicherung.
Stilisierte Sprechblasen in Schwarzweiß Diskussionsforum
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