Technische Indikatoren: Künftige Kursverläufe berechnen

Für Kleinanleger wird Handeln an der Börse immer attraktiver. Das liegt nicht zuletzt an der derzeitigen Niedrigzinsphase und der Tatsache, dass man mit klassischen Geldanlagen wie Sparbuch oder Tagesgeldkonto kaum noch Rendite erzielen kann. Doch welche Handelsstrategie sollte man beim Aktienhandel verfolgen, und woher weiß man eigentlich, wann man kaufen oder verkaufen sollte? Um das herauszufinden, nutzen immer mehr Händler neben der Analyse von Aktiencharts mithilfe von Chartmustern oder Trendlinien die so genannte technische Indikatoren.

Wichtige Technische Indikatoren: Übersicht

Chartanalysten verwenden technische Indikatoren meist mit dem Ziel, den möglichst günstigsten Kauf- bzw. Verkaufszeitpunkt für eine Aktie mathematisch zu berechnen. Oft dienen die Durchschnittskurse einer Aktie, so genannte gleitende Durchschnitte, als Basis für die Berechnung.

  • Momentum-Indikator (MOM): Mit Momentum wird ein Konzept bezeichnet, mit dem die Stärke der Kursbewegung gemessen wird. Es beschreibt die Beschleunigung oder Verlangsamung von Kursbewegungen und damit die Stärke oder Schwäche eines Trends. Um den Wert des aktuellen Momentums zu berechnen, muss der Schlusskurs von vor X-Perioden vom aktuellen Schlusskurs abgezogen. Die Anzahl der Perioden kann dabei vom Trader frei gewählt werden.
  • MACD (Moving Average Convergence/Divergence): Für den MACD wird zuerst die Differenz zweier gleitender Durchschnitte berechnet (schnelle Linie). Die beiden gleitenden Durchschnitte ergeben sich dabei jeweils aus einer unterschiedlich langen Zeitperiode eines Aktienkurses. Im zweiten Schritt wird auf Basis der schnellen Linie ein neuer gleitender Durchschnitt berechnet (langsame Linie). Schneiden sich die schnelle und die langsame Linie, ergeben sich Kauf- bzw. Verkaufssignale.
  • Ichimoku-Kinko-Hyo (Ichimoku): Der Ichimoku-Kinko-Hyo besteht aus einem komplexen System von fünf Linien, die sich jeweils aus dem Mittelwert zwischen Kurshochpunkt und -tiefpunkt einer bestimmten Betrachtungsperiode berechnen. Mit dem Ichimoku kann man sich einen umfassenden Überblick über den technischen Zustand eines Marktes oder einer Aktie verschaffen. Zudem soll er konkrete Handelssignale liefern.
  • Heikin-Ashi: Ziel des Heikin-Ashi ist es, den Kursverlauf einer Aktie zu harmonisieren. Dazu werden im Chart kleinere Kursbewegungen gegen die Hauptbewegungsrichtung herausgefiltert und so Trends deutlicher sichtbar gemacht. Grundlage für den Heikin-Ashi ist üblicherweise die Darstellung des Kursverlaufs einer Aktie in einem Candlestick-Chart.

Was sind Indikatoren in der Chartanalyse?

Technische Indikatoren sind Instrumente der charttechnischen Analyse. Mit ihrer Hilfe soll die künftige Entwicklung eines Aktienkurses angezeigt werden können. In den meisten Fällen reduzieren technische Indikatoren den Kursverlauf auf bestimmte, besonders relevante Informationen. Aus dem solcherart vereinfachten Kursverlauf kann laut Vertretern der Chartanalyse ein Kauf- bzw. Verkaufssignal aus dem Chart abgelesen werden.

Die Berechnung des künftigen Kursverlaufs erfolgt allein auf Basis des jeweiligen Aktiencharts, also auf den Preis- und Volumendaten der entsprechenden Basiswerte. Zurückzuführen ist diese Methode auf die Dow-Theorie, die als grundlegend für die heutige Chartanalyse gilt. Danach bilden Aktiencharts alle relevanten Daten einer Unternehmensaktie ab. Andere Informationen wie Fundamentaldaten brauchen für die Berechnung also nicht berücksichtigt werden.

Fundamentalanalyse

Anders als die Chartanalyse basiert die Fundamentalanalyse auf betriebswirtschaftlichen Daten und dem ökonomischen Umfeld eines Unternehmens. Diese Daten werden Fundamentaldaten genannt. Ziel dieser Analyse ist es, den angemessenen Preis für eine Aktie zu ermitteln.

Kann man technische Analyse lernen?

Fast jeder große Onlinebroker bietet auf seinen Internetseiten kostenlose Analysetools an. Auf diese Tools haben in der Regel auch Nicht-Kunden Zugriff, sie können also von jedem Internet-User verwendet werden. Wer solch ein Tool ohne Vorkenntnisse ausprobiert, wird allerdings schnell feststellen, dass die technische Aktienanalyse komplexer ist als gedacht und die Tools nicht unbedingt intuitiv bedient werden können. Zu der Vielzahl an existierenden technischen Indikatoren kommt, dass es in den Analysetools zu jedem Indikator unterschiedliche Einstellungsmöglichkeiten gibt. Zum Beispiel kann man sich unterschiedliche Zeitperioden anzeigen lassen oder bestimmte Indikatoren und Einstellungen miteinander kombinieren. Als Anfänger verliert man dabei schnell den Überblick. Um technische Indikatoren sinnvoll für den Aktienhandel einsetzen zu können, sollte man sich deswegen vorab eingehend mit dem Thema beschäftigen und sich über die Spezifika der jeweiligen Indikatoren informieren.

Trendfolge-Indikatoren und Oszillatoren

Welche Indikatoren gibt es, und wie viele? Eine klare Antwort auf diese Fragen ist schwierig, denn zu der Vielzahl der bereits existierenden Trading Indikatoren kommen regelmäßig neue hinzu bzw. werden schon existierende Indikatoren optimiert. Grundsätzlich können allerdings zwei Arten von technischen Indikatoren unterschieden werden: Trendfolge-Indikatoren und Oszillatoren.

Was es mit Trends auf sich hat

In der Dow-Theorie werden Primär-, Sekundär- und Tertiärtrends unterschieden. Primärtrends beschreiben langfristige Kursentwicklungen, Sekundärtrends mittelfristige und Tertiärtrends kurzfristige. Noch heute handeln viele Chartanalysten gemäß dem Motto: „The trend is your friend.“

Trendfolge-Indikatoren

Wie der Name schon sagt, folgen die oft einfach Trendindikatoren genannten Analysewerkzeuge einem Trend. Sie zeigen also die Richtung eines Trends (nach oben, nach unten oder seitwärts) an und eignen sich vor allem für stabile Börsenphasen, in denen plötzliche, gegenläufige Kursbewegungen unwahrscheinlich sind. Die meisten Händler nutzen sie, um die aktuelle Marktsituation zu analysieren und sie besser zu verstehen. Auf der Basis dieses Wissens kaufen bzw. verkaufen sie dann Aktien. Neben den so genannten gleitendenden Durchschnitten gehört beispielsweise der MACD zu den bekanntesten Trendindikatoren.

Oszillatoren

Kritiker bemängeln vor allem die Trägheit von Trendindikatoren: Bei einer Trendwende, beispielsweise von einem Aufwärts- zu einem Abwärtstrend, reagieren sie nur langsam. Händler könnten dadurch den günstigsten Kauf- bzw. Verkaufszeitpunkt und damit die entsprechende Rendite verpassen. Oszillatoren schwingen zwischen einer oberen und einer unteren Kursbegrenzung hin und her (vgl. „oszillieren“= schwingen). Mit ihrer Hilfe können Händler auch bei Seitwärtstrends Extremphasen in Kursentwicklungen diagnostizieren. Man unterscheidet zwischen Überkauft- und Überverkauft-Oszillatoren: Erreicht der Aktienkurs die obere Extremzone, gilt der Markt als überkauft, erreicht er die untere, gilt er als überverkauft. Nach dem Erreichen einer Extremzone kann man theoretisch davon ausgehen, dass sich der Kursverlauf dreht und entsprechend handeln.

Technische Indikatoren geben keine 100-prozentige Sicherheit

Beim Börsenhandel auf der Basis von technischen Indikatoren sollte man sich vor allem eine Sache bewusst machen: Eine exakte Vorhersage des Kursverlaufs einer Aktie ist nicht möglich – auch nicht mithilfe der charttechnischen Analyse von Aktienkursen. Die Bewegungen der Märkte werden von vielen Faktoren beeinflusst, nicht zuletzt von den individuellen Entscheidungen der Marktteilnehmer. Es ist allenfalls theoretisch möglich, alle diese Faktoren mittels mathematischer Berechnungen zu berücksichtigen. In der Praxis gelingt das nicht.

Die Kauf- oder Verkaufszeitpunkte, die mit technischen Indikatoren ermittelt werden, sollten Händlern deshalb höchstens als ungefähre Richtwerte dienen. Anleger, für die Traden ohne Indikatoren nicht in Frage kommt, sollten sich zusätzlich gut über die aktuellen Marktbewegungen und das Unternehmen informieren, in das sie gerne investieren möchten. Außerdem empfiehlt es sich, zusammen mit einem Fachmann eine geeignete Anlagestrategie zu entwickeln und die Investments breit zu streuen. Auf diese Weise werden die Gewinnchancen optimiert und das Verlustrisiko verringert.

Saskia ist promovierte Germanistin und arbeitet seit 2017 im Finanzbereich. Ihre inhaltlichen Schwerpunkte liegen vor allem im Bereich Wertpapierdepot, Bausparen, sowie bei Unfall- und Sterbegeldversicherung.
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